Morgenstund mit Sonnenglanz

Dunkel und wolkenverhangen – so präsentierte sich der Himmel den Frühaufstehern, die sich kurz vor halb acht morgens zum Singen in der Früh trafen. Mit wunderbaren Orgelklängen zum Thema «Wie schön leuchtet der Morgenstern» wurden die Besucherinnen und Besucher in der Kirche in Stein willkommen geheissen. Philippe Rayot, Leiter des Vokalquartetts der J. S. Bach-Stiftung, lud dann sogleich dazu ein, den Tag mit dem Psalm 117 «Laudate omnes gentes» - vierstimmig! - zu begrüssen. «Singen in der Früh» ist ein musikalischer Muntermacher. Das hat sich die Sonne beim Lied «Wie schön leuchtet der Morgenstern» zu Herzen genommen und liess die Kirche in vollem Sonnenglanz erstrahlen. Was für ein magischer Moment!

Licht und Nacht in der Kompositionsgeschichte

Die Donnerstagsakademien warfen Schlaglichter auf die Gegensätze zwischen Licht und Nacht sowie des Guten und des Bösen in der Musikgeschichte. Während Anselm Hartinger, wissenschaftlicher Berater der J. S. Bach-Stiftung, Renaissance- und Barockkompositionen unter die Lupe nahm, unternahm Arthur Godel, verantwortlich für die Reflexionen bei den Kantatenaufführungen, einen Streifzug durch die neuere Musikgeschichte von Haydn bis Messiaen.

Meister der Gedankenakrobatik

Der Philosoph Peter Sloterdijk zählt zu dem wichtigsten und scharfsinnigsten Denker unserer Zeit. Ihn aus nächster Nähe zu erleben, ist eine rare Gelegenheit, die sich rund 60 Interessierte gestern Nachmittag nicht entgehen liessen. Ein Spaziergang führte vom Besucherzentrum Teufen in die «Philosophierstube» eines Privathauses. Auch die deutsche Philosophin Svenja Flaßpöhler, Referentin der Freitagsakademie, schloss sich der Gruppe an. Vor Ort erwartete dann ein weiterer Philosoph die Gäste: René Scheu, ehemaliger NZZ-Feuilletonchef, heute Geschäftsführer des Institutes für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) der Universität Luzern. «Es gibt nichts, worüber wir an einem Salonnachmittag nicht nachdenken, nichts, worüber wir nicht sprechen, nichts, worüber wir nicht debattieren könnten», leitete er die Veranstaltung ein. Und: «Wir tun das nicht anonym im Internet, sondern von Angesicht zu Angesicht, modern gesagt: In einem Safespace.»Dies im Sinne eines Raumes, in dem sich offen und unerschrocken Denken und Diskutieren lässt, um die Welt besser zu verstehen und zwischendurch auch mal zu lachen. René Scheu gestaltete die Denkreise als «ABC-Gespräch». Er spielte Peter Sloterdijk ein Stichwort zu, worüber dieser frei assoziierte. Etwa zum Buchstabe A wie Appenzellerland oder Doppel D wie Direkte Demokratie. Sloterdijk erwies sich dabei als Meister der Wort- und Gedanken-Improvisation – tiefsinnig, geschliffen formuliert und weit ausholend. In der vorgegebenen Zeit reichte es bis zum Buchstaben E wie Ethik.

Ungewöhnliche Klangwelten in der Kirche Stein

Orgel und Trompete – ein ungleiches Paar, und doch eines, das sich perfekt ergänzt. Vor allem wenn zwei ausgezeichnete Meister ihres Faches am Werk sind: Trompeter Immanuel Richter und Tobias Willi, Organist in Residence, präsentierten am Donnerstagabend in der hell erstrahlten Kirche Stein eine durch und durch hörenswerte Musikreise durch verschiedene Zeitepochen und Kompositionsstile. So das Konzert in C-Dur für Trompete und Orgel von Rudolf Lutz, der bei der Aufführung anwesend war. Während sich dieses, für Immanuel Richter geschriebene Werk auf Komponisten wie Beethoven und Bruckner beruft, erinnerte die Sonate für Trompete und Orgel von Naji Hakim an Gershwins jazzige Musik, insbesondere an «Ein Amerikaner in Paris». Farbig gemalte Klangbilder dann zum Abschluss des Konzertes mit Petr Ebens Komposition «Goldenes Fenster aus Okna», inspiriert von Chagalls Vitrage für die Synagoge in Jerusalem. Immanuel Richter musizierte dabei zunächst hinter, dann auf der Kanzel – zunächst erklangen gedämpfte Trompetenklänge, die sich dann strahlend und kraftvoll entfalteten.